Welch ein wahnsinns Zufall was ich heute gesehen habe. Da schaue ich jetzt Abend gerade die Reportage auf RBB Fluss auf/Fluß ab und da husch zufällig für zwei 3 Sekunden unser ehemaliges Kajüt-Boot durch das Bild. Vor zwei Wochen haben wir mit Mutter noch in Eisenhuettenstadt in Mühlenshafen angehalten und geschaut ob es dort liegt. Wir haben es nicht gesehen nur wissen wir wo es war.
Dieses Boot hat Vater 1980 gekauft. Da war ich kaum 14 Jahre alt. Dann haben wir begonnen Sand zu brennen und Schlacke zu brennen, dann hat Vater das gesamte Schiff abgestrahlt weil die Farbe und der Teer unten überall abblätterten. Dann wurde alles neu mit Bleimenige gestrichen und der Innen Ausbau komplett neu gemacht, denn innen gab es nur einen Glutos Ofen und irgendwelche komischen Stühle und Sofas die da gar nicht rein passten. Ein paar Sachen waren auch schon vorhanden wie eine schwere Echtholzeichentür und Eichenvitrinen. Das haben wir noch etwas verschönert mit Messingklinken und spiegeln und grünen Riffelglas. Wir haben die Wandverkleidung die Pappe war und bestimmt 1000 mal angenagelt war weil diese Pappe Wellen warf raus gemacht und mit Sprelafarce .....das war so eine Art wie mit Holzfurnierfilm beschichtetes Perdinaxs rings rum alles verkleidet. Das Mahagoni an den Fenstern abgeschliffen und neu gestrichen und viele Fußbodenleisten und Eckleisten neu gemacht. Die goldenen Fensterrahmen am großem Wohnzimmerfenster aus eloxiertem Aluminium Profil hatten wir auch rangemacht. Ebenso die Profile um die Fenster am Steuerhaus. Diese ganzen Verkleidungsleisten zu beizen und mit Bootslack zu streichen war meine Arbeit. Nach der Schule fuhr ich mit dem Zug nach Eisenhuettenstadt am Sonnabend und dann ging das los und Sonntag führen wir mit dem Tatra hin. Wir haben sogar ein ganzes Jahr gebaut bevor es dann 1981 das erste Mal ins Wasser ging. Wohnzimmerdecke oben wie ein Schachbrett gemacht mit hellen und dunklen Karos.
Die Bullaugen an der Seite waren echtes Messing und zu unserer Zeit poliert. Für die äußeren Türgriffe rechts und links und die Bedienhebel für Gas und Gänge habe ich eine technische Zeichnung gemacht und ein Dreher aus Eisenhuettenstadt hat das aus Messing gedreht. Als wir das Boot hatten hieß es Marlis in Messing Buchstaben. Der Besitzer der es nach uns hatte ab 2001 hat es zu Marlin umbenannt. Der hat auch noch einige andere Umbauten vorgenommen. So hatten wir einen Vierzylinder Ikarus Bus Motor drin, mit dem man auf dem Kanal ganz ruhig mit 800 Umdrehungen circa 12 kmh drauf bekam. Auf dem Müggelsee konnte man es nur schätzen aber da war es wesentlich schneller und wenn man ihn fast 2000 drehen ließ dann pflügte das Brot das Wasser gewaltig um und machte auch eine große Welle. Der Besitzer nach uns machte einen Mercedes Diesel Motor rein. Der wird natürlich wesentlich höher drehen müssen denn der hatte nicht das Drehmoment wie dieser Bus Motor. Auch hat er das achter Heck vergrößert und so etwas Raum vom Wohnzimmer weg genommen. Das Dach auf dem Steuerhaus hat er auch verändert.
Wenn wir unterwegs waren hab ich im Wohnzimmer geschlafen hatte dort auch den Fernseher und meine Eltern hatten vorn die Spitze. In der Spitze war ein richtiges Schlafzimmer wo drei Personen hätten schlafen können und es hatte vier Bull Augen die zu öffnen gingen. Da musste nicht jeden Tag um und umgeräumt werden wie es in manchen Vorkajüdbooten ist. Wenn man Besuch hat er konnte man den Schlafplatz im Wohnzimmer auf bis zu vier Schlafplätze vergrößern. Mir allein reicht dir die Eck-Couch aus. Da schon ich nur den Tisch etwas zur Seite und dann war das schon gut. Platz für uns drei Mann war also reichlich. Das Boot schaukelte auch nicht bei jeder kleinen Welle wenn ein Motorboot vorbei kam das 8 t schwer war. Die Strecke von der Wernsdorfer Schleuse zum Müggelsee über die Mückenspree bis zum Kalkgraben See sind wir auch gefahren. Das war so etwa 1982/ 83.
Der Bootskörper selber ist ein Backdecker ist aus Krupp-Stahl genietet und das war eine Extra Anfertigung von drei Luxusbooten die 24 m lang waren und für Prominente in den zwanziger Jahren gebaut wurden. In den Kriegswirren ist ein Boot davon auf dem Grund des Kanals in Eisenhuettenstadt gelandet. Dieses eine Boot hat unser Vorbesitzer Finke gehoben hat es völlig entkernt. Verwendet wurde nur der untere Teil und der wurde in der Mitte zerschnitten und auf 12 m gekürzt, da Sportboote in der DDR nur bis zu maximal 12 m lang sein durften. Die zwei Hälften werden dann mit circa 0,5 m Stahlblech zusammen geschweißt und ein völlig neuer Aufbau aus 3 mm Stahlblech drauf geschweißt..... den den man jetzt sieht! Der Finke besaß nach dem Krieg eine Schiffswerft, wurde dann aber enteignet.....in Art PGH umgewandelt....hatte dann aber noch einen Slip privat an seinem Wohnhaus behalten. Den nutzte er um seine private Yacht zu bauen. Sein Sohn war es der uns das Schiff 1980 verkaufte. Dort auf diesem Slip haben wir auch die Sandstrahl arbeiten gemacht.....neu gestrichen und alle anderen um und Ausbauarbeiten die wir an diesem Schiff gemacht haben. Wer schon mal mit Schiffsbau zu tun hatte der weiß wie das ist, alles schwer schwer dicke Stahl,x-mal Leiter rauf,Leiter Runter, jeden Handgriff muss man sich dreimal überlegen sonst ist man entweder von hoch oben runter in den Slipp gefallen oder hat sich irgendwas schweres auf den Zeh fallen lassen der dann natürlich platt ist oder hat sich irgendwo gequetscht. Winden um Schiffe anzuheben sind echte Eisenschweine..... da kann man sich richtig auspowern mit......alles schon mitgemacht.
Wir hatten diese Yacht 12 m lang,3 m breit,8 t schwer......Tiefgang beladen ca. 90 cm von 1980-2001. Das war eine schöne Zeit, alle Berliner Gewässer kennen gelernt Bad Saarow Scharmützel See natürlich nur die auf der Ostseite weil durch den Teltowkanal kamen wir nicht durch. Um zu den Potsdamer Gewässern zu kommen, hätte man über die Oder und den Oder/Havelkanal fahren müssen. Aber auch schon in den achtziger Jahren hat er die Oder teilweise starkes Niedrigwasser,so dass wir bei einem Versuch 1982? nur mal bis zur Warte gekommen sind. Dann haben wir es aufgegeben und sind wieder umgedreht. Heute ist es gar kein Problem,heute kann man das Doppelte befahren, man ja durch den Teltowkanal nach West Berlin rüber. Dann hat man die ganzen Potsdamer Gewässer und kann bis Magdeburg fahren,und weiter bis nach Hamburg! Naja für mich ist es immer noch West-Berlin wird wohl ewig so bleiben.....
Warum Vater keinen Schwung mehr hatte nach 1990 die ganzen anderen Berliner Gewässer und Potsdamer Gewässer zu befahren weiß ich nicht. Es war ja soweit alles in Ordnung an dem Boot, es hätten nur müssen minimale Pflege arbeiten gemacht werden .....Messing putzen,Farbausbesserung und dann hätte man schon losfahren können.....selbst ohne dem....technisch war alles OK. Das hätten Mutter und Vater auch völlig alleine hinbekommen ohne mich. Das Boot war für uns das letzte Mal 1994 im Wasser, dann stand es bis 2001 bis zum Verkauf im Yachthafen Mühlenshafen in Eisenhüttenstadt auf Land.
Die Erbauer des Rumpfes werden schon ewig tot sein, der Erbauer der Yacht so wie sie jetzt ungefähr ist,ist in den siebziger Jahren gestorben, sein Sohn hat sich in den neunziger Jahren das Leben genommen. Der schimpfte immer auf die Kommunisten das war immer sein Credo wenn wir hin kamen. Als dann die Wende kam meinte er....das sind ja nun noch größere Halunken das hätte er nicht gedacht.....Bräul,Treuhand,Abwicklung u.s.w. da hat er wahrscheinlich dann die Nase voll gehabt und schluß gemacht. Vater und ich hatten 1980 dann die weiteren um und Ausbauten gemacht so wie man das jetzt noch zu 90 % vorfinden wird. Vater ist leider auch schon verstorben.....ich lebe noch.....Der der das Boot von uns kaufte war dann aus irgendwo West Berlin.... die Frau hatte einen Reiterhof wie man hörte und so ein Boot war mal seinen Traum. Der hatte den Umbau mit dem Mercedes Motor gemacht, das Dach über dem Steuerhaus geändert und hinten das Achterheck vergrößert und die Wohnstube etwas verkleinert. Meine Information ist,dass der auch gestorben ist und meine letzte Information war das es jetzt jemand aus Eisenhuettenstadt unten aus Fürstenberg hat. Aber mehr weiß ich nicht. Vielleicht hat er es auch schon weiterverkauft. Vielleicht interessiert sich mal in 30-50 Jahren wenn wir alle nicht mehr leben jemand für die Geschichte dieser "Motor-Yacht MARLIN " ( bis 2001 MARLIS benannt nach seiner Tochter die in Berlin damals lebte) und wenn es dann das Internet noch gibt wird er es möglicherweise über Google hier finden.

