Boyce MotoMeter Modell "Midget", Messing-Ausführung, auf einem Car-Nation von 1913. Dies ist das kleinste Gerät des Herstellers und bereits beidseitig ablesbar. Möglicherweise eine Reproduktion. (Wikipedia)
Was ist ein Motometer?
Der Name setzt sich natürlich zusammen aus "Motor" und "Thermometer". Eigentlich ist es der Name eines Unternehmens das bis heute existiert. Der Gründer war ein Deutscher, der in die USA ausgewandert war.
Das Instrument ist eine Vorrichtung an frühen Automobilen mit Wasserkühlung mit welcher die Betriebstemperatur des Motors direkt am Kühler abgelesen werden kann. Es wird anstelle des Kühlerverschlusses direkt auf den Wasserkühler geschraubt. Motometer wurden ab etwa 1930 von der Temperaturanzeige am Armaturenbrett abgelöst.
Leider habe ich zu vielen der beschriebenen Geräte keine Abbildung gefunden. Die meisten finden sich aber der englischen Spezialseite Mascot Mania (Kapitel Motometers); ich habe diese Produkte im Text kursiv gesetzt und empfehle, die genannte Seite parallel zum Kalender zu öffnen um die passenden Bilder zu sehen.
Bezüglich der physikalisch-technischen Erklärungen bitte ich um Nachsicht und wenn nötig um Korrektur...
Herstellerangaben am Sockel des Boyce MotoMeter. Dies war das mit Abstand am weitesten verbreitete Produkt in den USA und wohl auch in Europa. (cartype)
Zu Beginn der Motorisierung gab es noch keine Anzeigen für die Betriebstemperatur. Dabei führten zu hohe Wassertemperaturen oft zu irreparablen Schäden weit über defekte Zylinderkopfdichtungen oder Köpfe hinaus. Frühe Motorblöcke hatten in der Regel paarweise gegossene Zylinder ohne abnehmbare Köpfe. Die kamen erst einige Jahre nach der Erfindung des Verbrennungsmotors auf.
Die ersten Motorthermometer sassen direkt am Motor und konnten nur bei geöffneter Haube (oder Klappe wenn der Motor unter dem Sitz angebracht war) abgelesen werden. Der spätere Marktführer Boyce MotoMeter erhielt 1912 ein Patent und begann gleich mit der Produktion; weitere Patente folgten. Bereits 1917 stellte Boyce das Kapillarrohr-Fernthermometer vor dessen Anzeige erstmals im Wageninnern angebracht war.
Beidseitig ablesbares Boyce Moto Meter mit Verzierung auf einem US-amerikanischen Pierce-Arrow von 1919. Der Kühlerverschluss lässt sich nach vorn schwenken wobei die Schwingen als Griff dienen. Von dieser Seite ist nur der oberste Bereich der Temperaturanzeige sichtbar. (Wikipedia)
Aufbau und Funktionsweise
Bis weit in die 1920er Jahre wurde führ wassergekühlte Motoren meist Thermosiphon-System verwendet. Dieses geschlossene System arbeitet ohne Druck und ohne die damals oft anfällige Wasserpumpe. Der Kühlkreislauf kommt zustande, weil das erwärmte Wasser im Radiator nach oben steigt und das abgekühlte nach unten sinkt. Diese Kühlungen haben daher auch einen niedrigeren Siedepunkt als Systeme die unter Druck arbeiten. Motometer funktionieren in beiden Systemen.
Das Motometer selbst ist ein gewöhnliches Thermometer, das je nach Hersteller in der Regel als Flüssigkeits- oder Bimetallthermometer ausgeführt ist. Üblicherweise besteht es aus einem Gehäuse mit Fuss, einem Temperaturfühler und einer Anzeige.
Anfangs wurden die Gehäuse aus Messingguss, später aus Zinkdruckguss hergestellt. Als ab etwa 1915 blanke Messingteile aus der Mode kamen, erschienen auch lackierte oder vernickelte Instrumente. Seltener, etwa von Radiametre Maxant, wurden Bakelit-Gehäuse verwendet.
Aufbau eines Boyce MotoMeter mit beidseitig ablesbarer Skala für einen Buick. Die Modelle Midget, Junior und Senior unterschieden sich vor allem im Durchmesser. Dies ist ein Grundmodell mit verziertem Gehäuse. Die Technik ist simpel, Skala und Markenlogo sind austauschbare, bedruckte Blechscheiben. (prewarbuick)
Auf der Innenseite des Gehäuses ist eine Blechscheibe mit einer aufgedruckten Skala eingepasst. Davor ist ein gläsernes Kapillar-Röhrchen senkrecht so eingelassen, dass die Skala und das Röhrchen mit der Anzeigeflüssigkeit (meist Quecksilber oder rot eingefärbter Alkohol) die eigentliche Temperaturanzeige bilden. Die Anzeige ist so kalibriert, dass ganz unten der kalte Zustand und ganz oben der Siedepunkt angezeigt wird, letzterer mit einem Warnhinweis vor Überhitzung. Die normale Betriebstemperatur im Sommer ist im oberen Bereich angesetzt. Als Anzeigeflüssigkeit im Röhrchen wird meist Quecksilber oder rot eingefärbter Alkohol verwendet.
Als Abdeckung dient ein Deckglas, das zusammen mit Lünette und Dichtungsring mit dem Gehäuse wasserdicht verschraubt ist. Die Rückseite des Gehäuses (von vorn sichtbar) ist oft geschmückt mit Ornamenten und hat einem Einsatz mit dem Logo der Automarke.
Das Gehäuse wird auf so auf den Kühlerverschluss geschraubt, dass der Temperaturfühler durch den Deckel in das obere Reservoir des Kühlsystems ragt. In der Regel muss dazu der vorhandene Kühlerverschluss durchbohrt oder ausgetauscht werden.
Boyce Junior mit glattem und verziertem Gehäuse. Chromausführungen, Reproduktionen (brassworks)
Gemessen wird entweder die Wassertemperatur selber; dann ragt der Fühler direkt ins Kühlwasser. Besser ist es jedoch wenn die Umgebungstemperatur unmittelbar darüber gemessen wird. So wird vermieden, dass ein zu niedriger Kühlwasserstand oder ein ungenügender Wasserkreislauf irreführende Werte ergeben. Marktführer Boyce verlegte sich von Anfang an auf die Messung der Umgebungstemperatur.
Die Skala wird vom Fahrer durch die Windschutzscheibe abgelesen. Um dies zu erleichtern sitzt das Gehäuse leicht zum Fahrer gedreht; d.h., es gibt Ausführungen für links- und rechtsgelenkte Fahrzeuge.
An den besseren Thermometern können einzelne Teile ausgetauscht werden. Der Hersteller gab dazu Empfehlungen ab. Viele Motometer waren jedoch billig hergestellt. Oft waren dann Anzeige und Deckglas eingelötet; solche Geräte können nicht repariert werden. Für Boyce sind Ersatzteile sind erhältlich.
Allgemein ist die rein mechanische Technik dieser Geräte nicht besonders exakt; Abweichungen von 10 Grad Celsius nach oben oder unten sind möglich. Das Ablesen bei Nacht oder bei schlechter Witterung ist kaum möglich. Immerhin war das Instrument preiswert herzustellen und gab wenigstens einen Anhaltspunkt über den Zustand des Motors.
Nachgefertigtes, beidseitig ablesbares Boyce-Motometer aus Messing mit als Schwingen ausgebildetem Drehgriff (Option) auf einem Ford Modell T von 1914. (Wikipedia)
Varianten
Sehr beliebt waren Motorthermometer die sowohl von vorn wie von hinten ablesbar waren. Diese Geräte haben statt eines Gehäuses einen Metallring und beidseitig je eine Lünette mit Dichtungsgring und eine zusätzliche Metallscheibe die Rückseite an Rückseite mit der ersten im Ring angebracht wird. Oben haben beide eine runde Öffnung durch welche der "heisse" Bereich des Thermometers abgelesen werden kann; von vorn ist also nur der kritische Temperaturbereich zu sehen während für den Fahrer auf der Rückseite das ganze Kapillar-Röhrchen sichtbar ist. Dieses Motometer wird als Reproduktion wieder angeboten und bei Oldtimer-Restaurationen gerne verwendet.
Englisches Wilmot "Calormeter" auf einem Morris Cowley, späte 1920er-Jahre (flickr)
Ein interessantes Instrument, gefunden auf einem Alfa Romeo 8C 2300 Spider. es lässt sich zum Nachfüllen des Kühlerwassers seitlich wegklappen. Hersteller unbekannt. (Wikipedia)
Motometer auf einem De Dion Bouton 12/24 CV von 1924; wahrscheinlich ein Bushnell Arrometer (Ausschnitt; Wikipedia)
Manche Motometer wie etwa das Arrometer von Bushnell, das Calometer (später Calormeter) von Wilmot-Breeden oder der Morden Indicator zeigen die Temperatur mit einem Pfeil auf einer Skala an.
Boyce Motometer, speziell für den Ford Modell A (hier auf einem 29er Deluxe). (cartype / John Nichols)
Boyce bot eine ähnliche Version für den Ford Modell A (1928-1931) an; die Skala bestand aus einem Halbkreis welcher in drei Teile gegliedert war: Links mit der Beschriftung "Cool Motor", in der Mitte "Driving Range" und rechts eine kleinere Sektion "Steam". Zusätzlich gab es unter der Skala eine Sichtscheibe mit grünem Hintergrund welche mit steigender Temperatur von einer roten Blechscheibe überdeckt wurde.
Moore Motor Semaphore auf einem 1927 Duesenberg Modell X (Ausschnitte; conceptcarz)
Das Bemometer der Great Northern Sales Company hat ein Metallgehäuse mit einem kreisrunden Schauglas. Dahinter bewegt sich eine rote, runde Scheibe mit zunehmender Temperatur navh oben bis sie am Siedepunkt ist sie vollständig sichtbar ist. Ähnlich funktioniert das Moore Motor Semaphore der Semaphoric Indicator Company aus Chicago. Es arbeitet mit je einer roten und einer grünn Scheibe. Der Schwimmer bewegt zwei Hebel die auf je eine der Scheiben einwirken. In kaltem Zustand ist nur die komplette grüne Scheibe zu sehen. Je mehr von der roten sichtbar wird desto höher ist die Motortemperatur. Bei Betriebstemperatur sind beide Scheiben teilweise erkennbar; bleibt die rote Scheibe permanent sichtbar ist zu wenig Wasser im Kreislauf.
Ein anderes Wilmot "Calormeter", hier auf einem Austin Seven (Wikipedia)
Das Metro Scope - Benson Favorite der Auto Radiator Meter Company aus Seattle hat eine kreisförmige Skala welche nur einen umlaufenden, gläsernen Kreisbogen freilässt. Die Anzeige erfolgt durch zwei hinter der Skala angebrachte rote Fahnen. Diese bewegen sich gegenläufig nach oben sodass der Kreisbogen auf beiden Seiten allmählich rot eingefärbt wird; die Betriebstemperatur ist erreicht wenn dies zu etwa 2/3 erfolgt ist. Treffen die beiden Anzeigen oben zusammen dann besteht akute Überhitzungsgefahr.
Einen interessanten Ansatz fand die W.B. Jarvis Co. in Grand Rapids MI: Nicht die Temperatur wurde gemessen sondern der Wasserstand im oberen Kühlerreservoir. Je heisser das Wasser - also je mehr Dampf sich im System bildet, desto tiefer sinkt der Wasserpegel. Angezeigt wird dies mittels einem langen Rohr das weit in den Kühler hineinragt und einem Schwimmer der wiederum mit einer Anzeige verbunden ist. Bei vollem Tank steht der Schwimmer am oberen Anschlag was mittels Zeiger auf einer vertikalen Skala sichtbar wird. Je mehr Wasser verdampft desto tiefer sinkt die Anzeige. So wird der Fahrer gleichzeitig daran erinnert, rechtzeitig Kühlwasser nachzufüllen.
Einige Hersteller
Marktführer bei solchen Instrumenten war Boyce Motometer; sie gehörten zur Erstausstattung zahlreicher Automobilhersteller. Lizenznehmer in Deutschland war MotoMeter.
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Moto-Meter-GmbH, Frankfurt a.M. und Moto Meter Hermann Schlaich GmbH, Stuttgart (Motometer)
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American Motor Safety Corp., Kalamazoo MI; "Unbreakable Hydrometer
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Great Northern Sales Co., Firmensitz unbekannt, "Bemometer"
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G. H. Morden Co., London, "The Morden Indicator"
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Auto Radiator Meter Co., Seattle WA (Metro Scope - Benson Favorite)
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Boyce MotoMeter (Long Island City NY)
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Bushnell Manufacturing Co., Berkeley CA (Arrometer und Junior Arrometer
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W.B. Jarvis Co., Grand Rapids MI
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Radiametre Maxant, Paris
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Wilmot resp. Wilmot-Breeden, Ltd., UK