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Buick Reatta 1988-1991

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Buick Reatta 1988-1991

Beitrag #1 von chief tin cloud*RIP* » 08.12.2013, 21:01




Der Buick Reatta ist amerikanisch, zweisitzig und wurde weitgehend von Hand montiert. Gebaut von 1988 bis 1991, war er - leider - ein ziemlicher Flop.
Einige der Ursachen dafür lagen ausserhalb der Einflussmöglichkeiten des Herstellers. Nach einem nie gesehenen Wirtschaftsboom unter Reagan kam der grosse Katzenjammer ziemlich zeitgleich mit dem Verkaufsstart dieses Autos.

Ein anderes Problem, mit dem der Reatta zu kämpfen hatte, war Unentschlossenheit. Konzipiert als Sportwagen, verliess das Management der Mut dazu - Buick war jahrzehntelang das Autos von Ärzten, Architekten und anderen Freischaffenden in der oberen Mittelklasse gewesen - und beschloss, das Auto als stattdessen als "Luxury Sports car" auf den Markt zu bringen. Will heissen: Statt einem Hochleistungsmotor der unveränderte Serien-V6 3800 und statt kerniger Fahreigenschaften jeder erdenkliche Luxus als Standard-Ausstattung. Nur ein manuelles Schaltgetriebe war weder für Geld noch gute Worte zu erhalten...

Doch der Reihe nach. Buick hatte festgestellt, dass die Anfang der 1980er explodierten, höchst interessanten Marketing-Zielgruppen der Yuppies (von YUP = Young Urban Professionals) und Dinkies (von DINK = Double Income, no Kids) förmlich explodiert waren und dass junge Leute mit Geld die Buick-Showrooms nicht gerade stürmten um einen Riviera (Buicks Personal Luxury) mit nach Hause zu nehmen.


1988-1989 Buick Reatta (Wikipedia)

Es musste also etwas Unwiderstehlicheres her und man verfiel auf den ersten Zweisitzer der Marke seit dem Special Business Coupe (Modell 46) von 1940; Prototypen natürlich nicht mit gerechnet. Der Einfachheit halber ging man vom Riviera der aktuellen (7.) Generation aus, ein Fahrzeug das auf der E-Plattform aufgebaut war, welche ausserdem für den Cadillac Eldorado und den Oldsmobile Toronado verwendet wurde. Der Radstand dieser Fahrzeuge betrug 108 Zoll (2743 mm).
Diese Plattform wurde ausschliesslich für den Reatta auf 98.5 Zoll (2502 mm) verkürzt. Die Technik kam vom Riviera. Die Karosserie war eigenständig und entstand unter dem GM-Chefdesigner Chuck Jordan (1927-2010). Dieser war zeitlebens ein GM-Mann und im Laufe seiner Karriere unter anderem verantwortlich für den 1955er Chevrolet Cameo Truck, den Buick Centurion Show car von 1956, Cadillac Seville (1992), Oldsmobile Aurora, Camaro und Firebird der 4. Generation - und Opel Manta und GT, entstanden als er 1967-70 in Rüsselsheim für das Design zuständig war.
Ungewöhnlich war, dass der Reatta nicht am Fliessband gebaut wurde, sondern abseits in einer eigens errichteten Fabrik, dem Reatta Craft Centre in Lansing MI. Das Werk blieb als Lansing Craft Centre bis 2006 in Betrieb, hier wurden später auch General Motors EV1, Cadillac Eldorado, die Convertible-Versionen des Chevrolet Cavalier und Pontiac Sunfire sowie der Chevrolet SSR gebaut.
Die Montage erfolgte in speziell ausgebildeten Teams welche für ganze Baugruppen zuständig waren. Die Lackierung besorgte der Farbenhersteller PPG, welcher Fachleute nach Lansing schickte.
Einzige Motorisierung bei Markteinführung war der Buick V6 3800 (LN3) mit 231 ci (3785 cm³), ein Zweiventiler mit Multiport Fuel Injection. Der quer eingebaute Frontmotor leistete 165 HP (123 kW) @ 5500/min; das Drehmoment betrug 285 Nm. Einziges erhältliches Getriebe war die Viergangautomatik TH 440-T4, die 1990 vom 4T60 abgelöst wurde.
1991 wurde der Motor vom 3800 TPI Serie I (L27) abgelöst mit 231.2 ci (3791 cm³), Tuned Port Injection, einer Leistung von nun 170 bhp (130 kW) und einem Drehmoment von 330 Nm. Das Getriebe dazu war die Turbo-Hydramatic 4T60-E.
In dieser Form wurde er in Reatta und Riviera bis 1990 verwendet.
Dass es mit geschlossenen Zweisitzern schwierig war in den USA hätte man auch von Ford lernen können, deren EXP resp. Mercury LN7 (1981-88), allerdings in einem tieferen Marktsegement, ebenfalls heftig floppten.
Das Interesse wurde mit der "Select 60" Edition aufgewärmt, mit der jährlich 60 ausgesuchte Händler beglückt wurden. Die Autos waren in nur einer Farbe lieferbar und hatten eine besondere Innenausstattung.




1988 Buick Reatta Select-60 Edition für Spring Vity TN (reatta-Org)



Der Reatta wurde ab Januar 1988 an die Händler ausgeliefert. Eine Chance hatte er nie, dazu waren zu viele Kompromisse gemacht worden...
Bild


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Es ist kompliziert.
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Beitrag #2 von chief tin cloud*RIP* » 08.12.2013, 21:25





Der Reatta kam aus einem stockkonservativen Haus mit einem Kundensegment das ähnlich alt war wie jenes von Packard vor dem grossen Kollaps. Er sollte ein Sportwagen sein aber doch nicht so sportlich dass es oben ohne erscheinen durfte - wenigstens zunächst nicht.
Er erhielt eine zweisitzige Karosserie mit für die Marke fast schon zu avantgardistischer Formgebung - und war gerade mal 11 cm kürzer als der Riviera und dank Vollausstattung fast so schwer. Und er wurde mit einer schon damals (leider) in Detroit nicht mehr üblichen Sorgfalt zusammengebaut; gruppenweise und nicht am Fliessband.
Käuferpotential wurde verspielt, weil das Management offensichtlich Angst vor dem eigenen Mut bekam. Es verordnete dem Reatta anstelle des erwarteten Sport- ein Komfortfahrwerk und ein
manuelles Getriebe war nicht einmal gegen Aufpreis erhältlich.
Unglüccklich war die Idee,
Kunden ein "Mäusekino" aufzuzwingen, die gerade mal was von Computern gehört hatten. Was diese diese nicht "modern" sondern eher abwegig fanden. Denn auch das Touchscreen Interface war alternativlos.
Verspielt und typisch amerikanisch war der Knopf auf der Mittelkonsole, der das Handschuhfach öffnet.



Electronic Control Center (ECC), Standardausstattung für Reatta und Riviera (Wikipedia)



Ab 5:30 sieht man, wie es funktioniert (youtube / grauhst)

Das System kontrollierte nicht nur Radio und Klimaanlage sondern enthielt auch eine Agenda, einen Trip Computer, einen einstellbaren Speed Alarm und eine Diagnoseeinheit.



1990 Buick Reatta Convertible in Bright Red (Reatta Org.)



1990 Buick Reatta Convertible in Arctic White (Reatta Org.)


1990 brachte eine willkommene Modellpflege. Endlich erschien das bereits für Anfang 1989 geplante Cabrio. Mit einem Preis ab $ 34'995 kostete es volle $ 6'700 meher als das Coupè - mit einem manuellen Verdeck! Immerhin konnte man zwischen Vinyl- und Stoffverdeck wählen und die Rückscheibe war aus Glas mit Heizung.


Armaturenbrett Buick Reatta 1990 mit Analog-Anzeigen. (Prospektbild)

Der Reatta erhielt serienmässig einen Fahrer-A
irbag und EEC wurde durch ein konventionelleres Bedienungssystem für Radio und Klimaanlage ersetzt. Der 3800 LN3 wurde verbessert, die TH 440-T4 wurde von der verbesserten 4T60 mit Getriebeölkühler abgelöst und eine kürzere Übersetzung brachte eine bessere Beschleunigung. Eine Diebstahlsicherung gehörte zur Grundausstattung und ein CD-Spieler war optional erhältlich. Ausserdem gab es drei neue Farben.



1990 Buick Reatta Convertible "Select 60" Limited Edition (Reatta Org.)



1990 Buick Reatta Convertible in Black (conceptcarz)


Für 1991 änderte sich wenig. Der Reatta erhielt nun den erwähnten 3800 L27 mit TPI und mit der TH 4T60-E eine verbesserte Version der Viergangautomatik. Cabrios konnten auch mit zweifarbigem Interieur bestellt werden und es gab neue 16 Zoll Aluräder mit P215/60R16 Goodyear Eagle GA als Standard-Ausstattung. Die Achsübersetzung betrug nun 3.33.

Trotz dem aufwendigen Zusammenbau im "
Reatta Craft Centre" (das ironischerweise auf dem Olds-Werksgelände in Lansing stand) kamen Reklamationen wegen schlechter Verarbeitung und die Scheibenbremsen scheinen auch nicht die besten gewesen zu sein. Auch die erstaunlich attraktive Preisgestaltung änderte nichts daran, dass einfach nicht genug Kunden einen Reatta kaufen wollten. Auch nicht mit fernbedientem Handschuhfach...
Eigentlich wollten Kunden überhaupt keinen Buick kaufen; 1990 baute Buick nur noch etwa halb so viele Autos wie 1985. In diesem Jahr häufte GM 2 Milliarden $ Schulden an. 1991 waren es 4,5 Milliarden.
Die Probleme bei GM waren grösser als bei Ford oder Mopar mit dem niedrigsten Gewinn pro Aut
o der US-Hersteller. Auf den Punkt gebracht: GM hatte zu viele Werke mit zu grosser Kapazität und baute zu viele verschiedene Modelle für zu wenige Kunden.
Am Anfang der
Korrekturen stand 1992 die Entmachtung von CEO Robert Stempel und Präsident Lloyd Reuss durch John Smale und John F. "Jack" Smith. Am Ende waren Pontiac, Oldsmobile, Saturn und Geo Geschichte.
Ab da war der Reatta längst eingestellt wo
rden. Einen Nachfolger gab es nicht...



1991 Buick Reatta Convertible in Arctic White (Werkbild)




1991 Buick Reatta Cou in Sterling Silver Metallic (Ar-Chief)


Der Reatta hatte zweifellos Potential. Im Nachhinein ist es schwer abzuschätzen welche Fehler bei Buick selber gemacht wurden und welche der Corporate Policy geschuldet sind, also aufgezwungen wurden. Es scheint, dass Kernfragen gar nicht mehr gestellt wurden: Was wollte Buick mit einem zweisitzigen, etwas kompakteren Riviera überhaupt? Und wer sollte das Auto kaufen? Der typische Buick-Kunde kam eher nicht in Frage, der wählte eben den technisch identischen aber geräumigeren Riviera. Junge Leute? Denen war er nicht sportlich genug und trug das falsche Label. Sekretärinnen? Denen war er zu teuer. Familien auf der Suche nach einem Zweitwagen? Als Grocery Getter war er denkbar ungeeignet, ebenso als Schul- und Soccertaxi.
Buick brachte es fertig, dass ein Kompromiss herauskam der das Auto für keine der anvisierten Zielgruppen attraktiv machte.
Doch welche Alternativen hätte es gegeben? Ein Fünfsitzer hätte den Riviera konkurrenziert, ein offener zum halben Preis eines Allanté mit Sicherheit Cadillac auf den Plan gerufen. Und ein reinrassiger Sportwagen kam natürlich für Chevrolet wegen der 'Vette nicht in Frage.
Wahrscheinlich hätte Buick besser die Finger von dem Projekt gelassen...
Heute sieht das ein bisschen anders aus. Der Reatta ist ein ungewöhnlicher, komfortabler Gleiter auf dem besten Weg zum Liebhaberauto. Dank Grossserientechnik lässt er sich mit überschaubarem Aufwand auf der Strasse halten. Und noch vor der Standanfrage "Wieviel brauch n der?" kommt "Was n das?" :rolleyes:
Produktion


Farbkarten


1988 (Buick / Reatta Org.)



1989 (Buick / Reatta Org.)



1990 (Buick / Reatta Org.)


1991 (Buick / Reatta Org.)

Bild


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