Heute lüften wir das Geheimnis hinter dem Rennwagen in meinem Avatar.
Ohne jemandem zu nahe treten zu wollen vermute ich, dass den wenigsten die Marke Chadwick geläufig ist.
Lee Sherman Chadwick war Konstrukteur bei der glücklosen Searchmont Motor Company in Philadelphia gewesen wo er zuletzt ein
Vierzylindermodell mit 32 PS (nach damaliger Berechnungsformel) entwickelt hatte.
1904 Searchmont Type VII 10 HP Rear Entrance Touring, Chassis #310. Das Fahrzeug wurde 1906 von Gooding & Co. in Pebble Beach für rund $122'000 versteigert (conceptcarz).
Die Firma gab aber auf ehe das Auto in den Verkauf gelangte. Darauf kaufte Chadwick alle bereits angelieferten Bestandteile und entwickelte das Fahrzeug mit eigenen Ideen und nach Anregungen des berühmten französischen Rennfahrers und Weltrekordhalters von 1901 (51.8 Sekunden über 1 Meile, aufgestellt auf dem Coney Island Boulevard in New York), Louis Fournier (GP-Sieger auf Mors, F), den er bei Searchmont kennengelernt hatte, zum Chadwick Type 9. Die Serienfertigung des für die Zeit modernen Autos mit einem Radstand von 107.5 Zoll (2731 mm) lief 1904 an.
1904-05 Chadwick Type 9 Touring (mychurchgrowth.com)
Mit einem Verkaufspreis von US$ 4000 gehörte klar in die Oberklasse und trat gegen Packard, Peerless und sogar Pierce-Arrow an. Die Firma, die Chadwick dazu gründete, hiess anfangs ''Fairmount Engineering Works'' und war in Philadelphia domiziliert. Den Type 9 baute Chadwick 1905 unverändert weiter.
1906 erschienen als Nachfolger die zwei Vierzylindermodelle Type 12 (24/40 PS, Radstand 2591 mm entsprechend 102 Zoll) und Type 11 (40/45 PS; 40 Steuer- und 45 Leistungs-PS nach damaliger Berechnungsformel; Radstand 108 Zoll entsprechend 2743 mm). Beide waren als 5-sitzige Touring aufgebaut und kosteten $4000 resp. 5000. Den Type 11 bot Chadwick 1907 als Modell 12 mit 7 Sitzen zum gleichen Preis an.
Im März 1907 bezog Chadwick neue Räumlichkeiten
Einer der beiden Great Chadwick Six des Seal Cove Museums (Seal Cove MN) (Seal Cove Museum)
Great Chadwick Six
Neu war 1907 der Great Chadwick Six, der zum gleichen Preis einen neuen, wiederum wassergekühlten, Sechszylindermotor mit 75 HP @ 1100/min. bot. Der Wagen hatte einen imposanten Radstand von 124 Zoll (3150 mm) und war ebenfalls als 7-sitziger Touring erhältlich. Der Motor hatte einen unbescheidenen Hubraum von 706.86 ci (11'583 ccm) Auf die zylindrische Kühlummantelung aus Kupfer, den Vergaser, das doppelt schrägverzahnte Getriebe, die Konuskupplung und die staubdichte Aluminium-Ummantelung der beiden Antriebsketten hielt Lee Chadwick Patente. Ketten bevorzugte Chadwick gegenüber einer Kardanwelle weil diese zwar rauher liefen aber weitaus besser mit dem gewaltigen Drehmoment des Motors zurecht kamen; eine Erkenntnis, der auch zahlreiche Erbauer von Grand-Prix Rennwagen folgten.
Dieser Touring von 1912 oder 1913 ist ein 60 HP Great Chadwick Six für einen Kunden in Cleveland (theoldmotorcar.com).
Detailaufnahme eines 60 HP Great Chadwick Six von 1912 oder 1913. Gut sichtbar sind der Kühler mit Messineinfassung, die Kühlleitungen und -Ummantelung aus Kupfer, der riesige Motor und die vorderen Halbelliptik-Blattfedern. (theoldmotorcar.com).
Motor des Great Chadwick Six 60 HP. Die Zylinder sind paarweise gegossen. Das Einlassventil ist oben am Zylinderkopf, das Auslassventil rechts seitlich am Motorblock. (theoldmotorcar.com).
Kompressor
Trotz der beachtlichen Leistung des Fahrzeugs suchte Lee Chadwick nach weiteren Möglichkeiten zur Leistungsverbesserung. Dabei stiess er 1908 auf den Kompressor. Erstmals 1878 erfolgreich in einem Stationärmotor verwendet, erhielt Carl Benz 1885 ein Patent. Louis Renault patentierte 1902 einen Zentrifugalkompressor.
Nachbau eines Great Chadwick Six 4-pass. Tourabout (conceptcarz)
Chadwicks Version ist die erste welche zur Leistungssteigerung in ein Automobil eingebaut wurde. Er brachte 120 HP und war, einmal mehr ganz modern, eine Option ($375 oder der Gegenwert eines Olds Curved Dash) für den Runabout. Wahrscheinlich verweigerte Lee Chadwick aber den Einbau auch nicht in eine der beiden anderen Varianten, 5-pass. Tourabout oder 7-pass. Touring. Alle Versionen kosteten $5500 ohne Supercharger.
1907 Great Chadwick Six 75 HP Rennwagen. Die Kunst liegt offensichtlich im Weglassen, trotzdem ist die patentierte Kettenverschalung vor dem Hinterrad gut sichtbar (mychurchgrowth.com)
Rennen
Mit seiner Kraft war der Chadwick unschlagbar an Hill Climbs, zum Beispiel mit Willie Haupt am Lenkrad der am Vanderbilt Cup des gleichen Jahres 10. (von 16) wurde. Len Zengle (der tollkühne Fahrer in meinem Avatar) holte mit einem Chadwick den Weltrekord über 1 Meile (88 mph) von Fiat (120 HP) und schlug Barney Oldfield auf Benz am Einweihungsrennen des Indianapolis Speedway.
Len Zengle auf Great Chadwick Six. Die offensichtlich gestellten Aufnahmen entstanden wahrscheinlich 1908 zum Fairmount Park Rennen. Solche Rennwagen sind das Vorbild der umgebauten American LaFrance Feuerwehren. Der Overall mit der Markenaufschrift mutet sehr modern an... (Ar-Chief)
1910 gewann er in Fairmount Park nach einem packenden Duell mit Ralph Mulford (später Duesenberg-Teamfahrer) auf Lozier.
Vor dem Vanderbilt Cup 1908. Zu erkennen sind: #12 George Salzmann (Thomas Flyer), #20 Rilfred Bourque (Knox), #4 Willie Haupt (Great Chadwick Six), #2 Al Denison (Knox), #19 P. Gill (Thomas Flyer) (Wikipedia)
Vor dem Vanderbilt Cup 1908. Zu erkennen sind: #4 Willie Haupt (Chadwick), #5 William Luttgen (Mercedes) und #15 Louis Chevrolet (Matheson, Ausfall nach Zylinderdefekt in der 2. Runde (Wikipedia (die manchmal gar nicht weiss was sie für Schätze hortet)
1911 verliess Lee Chadwick nach Querelen mit seinen Geldgebern die Firma: Die alte Geschichte vom Ingenieur der sein Produkt weiter verbessern möchte und den Investoren die auf den Markt drängen.
Founders Day Cup Races im Oktober 1909. Great Chadwick Six 80 HP von Joe Parkin Jr. (Fahrer) und Sr. (Mechaniker) (AACA)
Die Chadwick Engineering Works gingen 1915 Konkurs und wurden an einen Waffenhersteller verkauft.Es wird geschätzt, dass insgesamt zwischen 235 und 276 Chadwick gebaut worden sind. Zwei existieren noch im Seal Cove Museum (Seal Cove MN) und ein Model 19 wurde von einem Liebhaber minutiös nachgebaut. Bis 1922 hielt Lee Chadwick 70 eigene Patente. Nach dem Weggang von der Firma verlegtze er eine von ihm entworfene Strassenkarte.
Die Geschichte hat aber Jahrzehnte später eine interessante Fortsetzung:
1960 Chadwick Model 300
Die Chadwick Engineering Works bauten 1960 einen offenen Zweisitzer mit türloser Karosserie aus GFK. Der zweisitzige „Roadster“ sah einem Golfkarren nicht unähnlich. Er wog 680 lbs und war 87 Zoll (2210 mm) lang. Das Chassis bestand aus Stahlrohren, der Radstand betrug 58 Zoll (1473 mm), die Spur vorne 47.2 Zoll (1199 mm) und hinten 20.4 Zoll (518 mm). Der Chadwick 300 rollte auf Reifen der Dimension 4.80 x 10. Er hatte vorne Einzelradaufhängung und hinten Viertelelliptik-Blattfedern.
Chadwick 300 (olds1)
Angetrieben wurde das Wägelchen von einem luftgekühlten, oben gesteuerten Einzylinder-Viertaktmotor mit 288 cm³ Hubraum im Heck, der von BMW zugeliefert wurde und 13 PS (9,6 kW) entwickelte. Den gleichen Motor verwendete BMW auch für Motorräder und die Isetta. Ein Vierganggetriebe des gleichen Herstellers übertrug die Kraft über eine verschalte Kette (Gemeinsamkeit mit dem Great chadwick Six!)l auf die Hinterräder.
Eine automatische Kupplung, Radio, Surrey-Stoffdach, eine fest angebrachte Windschutzscheibe und ein Verdeck waren gegen Aufpreis lieferbar.
Wie viele gebaut wurden ist unbekannt.
... und das Ar-Chief hat Fotos und sogar n Prospekt.
Alles dank Forum-Hilfe:
http://bzisettas.blogspot.com/2010/08/chadwick-300-brochure_08.html
http://www.imcdb.org/vehicle.php?id=...f1692ea1924a51
http://imageshack.us/photo/my-images/39/c542.jpg/
http://www.ebay.com/sch/i.html?_kw=1...adwick&_kw=300
Danke!
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Chadwick (Philadelphia und Pottstown PA (1904-1915 1960)
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