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Ruxton (1929-31)

Echte Klassiker - große Namen
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chief tin cloud*RIP*
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Ruxton (1929-31)

Beitrag #1 von chief tin cloud*RIP* » 01.12.2012, 17:06




Einen Ruxton zu fahren setzte 1930 nicht nur einen gut gefüllten Geldbeutel voraus sondern zudem einen, vorsichtig ausgedrückt, Sinn für den extravaganten Auftritt und den Willen, mit einem in kleiner Serie gebauten Auto zu leben und ein entsprechend dünnes Händlernetz in Kauf zu nehmen.

Exotisch ist aber nicht nur die Herkunft des Wagens sondern auch seine Geschichte und seine Technik. Doch der Reihe nach...






Ruxton Model C Berline (1929) mit typischer Mehrfarbenlackierung und "Woodlite"-Scheinwerfern. "Berline" bezeichnete damals im Karosseriebau einen besonders luxuriösen Sedan, meist etwas länger als die Standard-Ausführung (welche in Frankreich zu dieser Zeit "Conduite Intérieure" genannt wurde.) (Wikipedia)

Ein Prototyp von Budd
Grundlage für den Ruxton war ein Prototyp der Edward G. Budd Manufacturing Company in Philadelphia. Dieses Unternehmen war darauf spezialisiert, Serienkarosserien in größeren Stückzahlen für verschiedene Automobilhersteller zu produzieren. Budds Chefingenieur Joseph Ledwinka (der Bruder des Tatra-Designers und Pionier des Elektroantriebs mit Radnabenotoren) hatte ein Verfahren entwickelt, mit dem es erstmals möglich war, Karosserien mit einem komplett aus Metall geformten Dach herzustellen. Die bislang verwendete Hilfskonstruktion aus Holz war aufwendig und verlangsamte den Herstellungsprozess des Fahrzeugs erheblich.


Für diesen 29er Rodster wurden $ 181'500 bezahlt (Ar-Chief)

Innovationen
Um das Fahrzeug spektakulärer wirken zu lassen, wurde entschieden, es mit dem gerade aufkommenden Frontantrieb auszustatten der eine deutlich niedrigere Bauweise ermöglichte. Treibende Kraft hinter dem Projekt war zu dieser Zeit William Muller, ein ehemaliger Rennwagenkonstrukteur. Er war auch für die Entwicklung von Fahrgestell und Antrieb zuständig.
Dass Ledwinka die Karosserie entwarf und konstruierte war naheliegend; ebenso, dass er sich wegen der Länge des Dachs für eine viertürige Sedan-Karosserie am Referenzfahrzeug entschied. Mit einem Radstand von 130 Zoll (3302 mm) war das Auto überdies recht lang konzipiert.
Wie beim Cord L-29, der zur gleichen Zeit bei Auburn entstand, nutzte man auch hier den Frontantrieb weniger wegen dessen überlegenen Fahreigenschaften sondern weil er futuristisch war und weil er den erwähnten, extrem niedrigen Aufbau ermöglichte. Die Höhe einer konventionellen Karosserie ergab sich nicht zuletzt durch den Wagenboden, der flach in gebührendem Abstand zur Kardanwelle auf dem Chassis aufliegen musste. Fronttriebler kommen ohne Kardanwelle aus. Entsprechend tiefer kann der Boden angesetzt werden. Der Prototyp war denn auch nur 1607 mm hoch, gut 25 cm weniger als ein konventioneller Wagen aus dieser Zeit.

Auto sucht Hersteller
Schnell weckte der Prototyp die Aufmerksamkeit des Wall Street-Finanziers Archie Andrews, einem Vorstandsmitglied sowohl von Budd wie dem Hupmobile-Hersteller Hupp Motor Car Corporation in Detroit. Andrews wollte das neuartige Auto unbedingt in Serie bringen. Also kaufte er den Prototypen und begann mit der Suche nach einem Hersteller, der das Auto produzieren konnte und wollte. Er verhandelte natürlich auch mit Hupp, wo man zwar interessiert war, es aber nicht zu einer Vereinbarung kam.
Nun ging Andrews das Projekt selber an. Anfang 1929 gründete er in New York City die New Era Motors Inc., in der er als Präsident und Muller als Vize-Präsident fungierten. Muller bereitete den Wagen nun für die Serienproduktion vor während Andrews versuchte, die Finanzierung auf die Beine zu stellen und eine Produktionsstätte zu finden. So kam der Wagen auch zu seinem Namen: Andrews benannte ihn kurzerhand nach dem prominenten New Yorker Broker William Ruxton. Dieser hat allerdings nie einen Cent in das Projekt investiert und war nicht erfreut, seinen Namen auf einem Automobil zu finden.
Andrews verhandelte ausserdem erfolglos mit Gardner in St. Louis und gelangte dann an Marmon, damals eine der feinsten Adressen in der US-Autoindustrie. Man einigte sich und legte das Datum der Vertragsunterzeichnung auf den 29. Oktober 1929 fest. Dieser Tag sollte allerdings als „Schwarzer Dienstag“ in die Geschichte eingehen – der Tag des großen Börsencrashs und Beginn der Wirtschaftskrise. Marmon zog jedenfalls in letzter Minute die Notbremse.
Nacheinander ging Andrews nun Jordan, Pierce-Arrow und Stutz an doch keiner wollte in diesen Zeiten ein solches Risiko eingehen.





1930 Ruxton Model C Roadster (conceptcarz und Kevin Terry)


Moon und Kissel
Schließlich klopte Andrews auch bei Moon in St. Louis an, einem Traditionshersteller, der kurz vor dem Kollaps stand. Andrews kaufte Moon-Aktien bis er das Unternehmen schließlich kontrollierte. Hier begann im Sommer 1930 die Produktion des Ruxton. Bald zeigte sich, dass die Fabrik den Anforderungen nicht vollauf gerecht wurde - und Andrews war wieder auf der Suche nach zusätzlichen Produktionsflächen. Fündig wurde er bei Kissel in Hartford, Wisconsin. Dieses Unternehmen brauchte er nicht zu kaufen, es steckte so tief in finanziellen Schwierigkeiten, dass es jede Aussicht auf eine bessere Auslastung der Produktionsanlagen begrüßte. Ruxton wurden schließlich sowohl bei Moon wie bei Kissel gefertigt, wobei die meisten bei Moon entstanden sind. Es gab ab Werk nur die Berline und den Roadster.
Eine Ironie am Rande: Irgendwann auf dem Weg zur Produktion verlor der Sedan sein einteiliges Dach. Kostengründe (die Spezialpresse war sehr teuer) und Budd-Patente dürften dafür ausschlaggebend gewesen sein.


Einer der bekanntesten Ruxton gehört(e) der Blackhawk Collection (Ar-Chief)

Technik und Design
Als der Ruxton in Serie ging, hatte er einen seitengesteuerten Reihenachtzylinder von Continental mit 268.6 c.i. (4.4 Liter) Hubraum und 100 bhp Leistung – 20 weniger als der Rivale Cord L-29. Wie bei diesem wurde der Motor um 180° gedreht ins Chassis gesetzt. Die Kupplung und ein von Muller erfundenes Transaxle-System zur Kraftübertragung saßen zuvorderst. Das Getriebe hatte drei Gänge. Der erste und der Rückwärtsgang saßen vor dem Differential, der zweite und dritte dahinter. Dies ermöglichte eine sehr kurze Motor- / Getriebekombination.


Die Ruxton Model C Berline in der Nethercutt Collection in San Sylmar CA. (Nethercutt)

Das Styling wurde praktisch unverändert vom Prototypen übernommen. Es war schlank, niedrig, mit einer langen Motorhaube und ohne Trittbretter. Ruxton waren auch in wilden Farbkombination mit bis zu acht Farbtönen erhältlich. Der Entwurf dazu kam vom New Yorker Bühnenbildner Josef Urban. Die aussergewöhnliche Kombination liess das Auto noch länger und niedriger erscheinen als es ohnehin schon war. Die meisten Ruxton erhielten außerdem die als markenunabhängiges Zubehör erhältlichen „Woodlite“-Scheinwerfer. Diese sollten das Licht auf einen schmalen und starken Strahl konzentrieren.






Er wollte doch nur spielen: Chefingenieur William Muller leistete sich diesen kaum getarnten Rennwagen, Spitznahme "The Alligator". Der Prototyp, auch bekannt als Muller-Ruxton, hatte einen Kompressor auf dem Continental-Reihenachter. Das Auto, karossiert von Budd ohne Verdeck, stahl am Indy 500 von 1930 dem offiziellen Pace Car, einem Cord L-29, die Show. (conceptcarz)

Das Ende
Die Depression hatte die Zahl potentieller Käufer für den Ruxton und überhaupt für ein Luxusauto in der 3000 $-Preisklasse drastisch reduziert. Jene, die das konnten und wollten, entschieden sich in der Regel für ein konventionelles Produkt von Cadillac, Lincoln, Marmon, Packard, Pierce-arrow oder einem anderen kleinen Hersteller. Das bekam auch das ausgereiftere Konkurrenzprodukt Cord L-29 zu spüren welches zudem den Vorteil hatte, mit Auburn einen der grösseren Hersteller im Rücken zu haben.
Ob das Aus für Ruxton Ende 1930 oder Anfang 1931 kam, ist nicht ganz geklärt; die letzten Ruxton wurden 1932 möglicherweise aus Bestandteilen aus der Konkursmasse montiert. Ungefähr 500 Stück sind gebaut worden, nur etwa 25 davon bei Kissel.



Wahrscheinlich der einzige: 1931 Ruxton Model C Phaeton (Ar-Chief)

Gardner, Moon, Kissel, Jordan, Marmon und Stutz mussten ganz zu Beginn der Wirtschaftskrise aufgeben. Pierce-Arrow folgte 1938. Cord produzierte den L-29 bis 1933 und nahm mit dem 810 / 812 von 1936–37 einen zweiten Anlauf. Hupmobile schloss 1941 – nachdem ironischerweise zuletzt mit dem Skylark ein Modell produziert worden war, dessen Karosserie aus den Pressformen des Fronttrieblers Cord 812 entwickelt worden war.
Während sich in Europa der Frontantrieb etablieren konnte (DKW, Adler, Citroën) sollte in den USA erst 1966 wieder ein Serienwagen mit Frontantrieb entstehen: Der Oldsmobile Toronado.
Ungefähr 20 Ruxton existieren noch. Alle haben den Status als „Full Classic“ des Classic Car Club of America (CCCA).


Direkter Vergleich: Cord L-29 Sedan (A-C-D Club) und Ruxton Model C Berline (Ar-Chief); beide von 1929. Bei Einführung kostete der Ruxton $ 3'195, der Cord $ 3'095. Die letzten Cord Sedan gingen für $ 2'395.

Restaurierung eines Ruxton Sedan von 1932
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Diese Links aus dem AWoLaD hat Allmentux eingestellt.
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Es ist kompliziert.

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