
Der Oldsmobile Starfire (Werkbild / Ar-Chief / carstyling.ru)
Vorweg gleich die erste Präzisierung: Vom Starfire gab es nicht nur eine Baureihe sondern gleich zwei. Und zwar grundverschiedene.
Und zuvor ein Show car und ein Convertible in Kleinstserie das wir der Vollständigkeit gleich mit hineinpacken: Den Fiesta. Um diese beiden geht es heute.

Der ultraflache Oldsmobile Starfire als Fotomodell im GM-Styling Center (Werkbild / Ar-Chief / carstyling.ru)
Oldsmobile war eine der ältesten US-Automarken (gegründet 1897) und zur Jahrhundertwende die grösste der USA. 1908 kam sie zu General Motors, bereits 1916 erschien der erste V8 der Marke. Legendär ist der Rocket V8 von 1949 der mithalf, den ohv-V8 Hype der 50er Jahre zu begründen.
Dieser Motor in seiner stärksten Version von 1953 (sonst verbaut im Olds 98) wurde natürlich auch für den Motorama- Show car "Starfire" von 1953 verwendet. Allerdings wurde er von den 170 HP des Serienwagens auf 200 HP gebracht.
Der Starfire trug seinen Namen nach dem modernsten Düsenjäger seiner Zeit, dem Lockheed F-94.


Oldsmobile Starfire anlässlich seiner Präsentaton an der Motorama (Werkbild / Ar-Chief / carstyling.ru)
Das fünfsitzige Cabriolet stand auch auf dem 98-Fahrgestell und hatte eine Fiberglas-Karosserie. Diese Technologie steckte zumindest bei der Herstellung vollständiger Karosserien noch in den Kinderschuhen. Bis dato gab es in den USA lediglich den in Kleinstserie gebauten Sportwagen Woodill Wildfire (später als Glasspar G2 gebaut; 1951-1953). Die Produktion des bekanntesten Autos mit Kunststoff-Aufbau, der Corvette, lief erst Ende 1953 an. Kurz zuvor hatte Kaiser seinen K-161 Darrin vorgestellt.

Gestelltes Familienidyll: Der Oldsmobile Starfire (Werkbild / Ar-Chief / carstyling.ru)
Der Starfire blieb ein Einzelstück. Allerdings brachte Oldsmobile Mitte 1953 mit dem Fiesta ein in Kleinserie gebautes Luxus-Cabriolet, ebenfalls auf der Basis des 98. Er war einer der vier "Dream cars" die 1953 nicht nur zu bestaunen waren sondern auch bestellt werden konnten. Eines davon, wohl eher zufällig zur gleichen Zeit vorgestellt, war der Packard Carribbean, die anderen drei kamen von GM: Cadillac Eldorado, Buick Skylark und eben der Oldsmobile Fiesta. Alle waren bei ihrer Einführung nur als Convertible erhältlich und boten 5-6 Sitze. Weitere Gemeinsamkeiten waren die abgeänderte Karosserie, eine besonders luxuriöse Ausstattung und ein Preisschild, das sie den teuersten US-Automobilen ihres Jahrgangs zuordnete.

1953 Oldsmobile Fiesta, Chassis Nr. 09 539M41439, an der Gooding & Co. Auktion in Scottsdale AZ, 2010. Hier wurde er nicht verkauft; an der RM Auktion in Hershey PA hatte er 2007 noch $187'000 gebracht. (conceptcarz)
Wie die anderen "Dream cars" hatte auch der Fiesta anstelle einer aufwendig zu bauenden Kunststoffkarosserie das Standard-Cabriolet der jeweiligen Marke als Basis, bei Oldsmobile also wiederum den 98. Die Eingriffe in die Karosserie waren beim Packard am grössten, die drei GM-Varianten unterschieden sich von den "regulären" Modellen durch eine geschwungene anstatt gerade Seitenfensterlinie. Der Fiesta kam als einziger ohne Chromspeichenräder von Kelsey-Hayes, er hatte stattdessen neuartige Radkappen mit einem "Turbinen"-Motiv. Varianten davon erschienen in den folgenden Jahren auf vielen Olds-Modellen und erfreuten sich in Rodder-Kreisen bald einiger Beliebtheit.
General Motors lotete am Eldorado und am Fiesta ausserdem ein neuartiges Designelement aus das bislang nur auf Show cars (auch auf dem Starfire) zu sehen gewesen war: Die Panorama-Frontscheibe. In der Folge setzte diese zu einem wahren Siegeszug an: Die meisten grossen Hersteller führten sie 1955 auf ihren regulären Modellen, bald darauf gefolgt auch von hinteren Panoramascheiben. Vorne bestanden die Vorteile in der besseren Ubersichtlichkeit nach vorn (auch durch dünnere A-Pfosten) und grössere, rechteckige statt dreieckige Ausstellfenster. Unpraktisch waren die "Doglegs" die sich dadurch ergaben, dass die Scheiben sich in den Türbereich zogen was beim unvorsichtigen Ein- und Aussteigen zu schmerzhaften Kontakten mit den Knien führen konnte. Dies Mode endete zu Ende der 1950er Jahre ebenso schnell wie sie gekommen war.

1953 Oldsmobile Fiesta im GM Heritage Center (Wikipedia)

Das Armaturenbrett des Fiesta ist nahe an jenen des 98 (Wikipedia)
Der Fiesta gelangte erst Mitte des Modelljahrs 1953 in den Verkauf. Technisch gesehen gehörte er der größeren der beiden Oldsmobile-Baureihen an, dem in der amerikanischen oberen Mittelklasse angesiedelten Ninety-Eight auf dessen Fahrgestell samt Motor (eine Version des legendären 'Rocket'-V8 mit OHV-Ventilsteuerung) er aufgebaut war. Die Karosserie war vom Convertible dieser Baureihe abgeleitet. Zur Serienausstattung des 'Fiesta' gehörten eine spezielle Leder-Innenausstattung, Hydramatic-Automatgetriebe, Servolenkung, Servobremsen, hydraulische Betätigung des Verdecks und der vorderen Sitzbank und Radkappen mit einem später oft kopierten Design.
Zum Vergleich:

1953 Oldsmobile 98 Convertible, Chassis Nr. 539M44930 Mit Speichenradkappen. Das Foto wurde gespiegelt. (conceptcarz)

1953 Oldsmobile Fiesta (Ultimatecarpage)

1953 Oldsmobile Fiesta, Chassis Nr. 539M40169 (conceptcarz)
Ein anderer Vergleich: Ein "reguläres" 98 Convertible kostete ab $ 3'229 undf leistete 165 HP. Der Fiesta kostete astronomische $ 5'717, lieferte 170 HP und war dafür 150 kg schwerer.
Verkauft wurden 1953 7'521 Convertibles der Baureihe 98 und nur 458 Fiesta. Kein Wunder, dass Oldsmobile nach nur einer Verkaufssaison die Einstellung der Produktion beschloss. Der Skylark hielt sich noch eine weitere Saison, der Packard bis 1956 und der Eldorado in dieser Form bis 1964.
Und zum Schluss noch ein besonderer Leckerbissen:






Dieser Fiesta wurde professionell und von Grund auf restauriert. Mit 983 von möglichen 1000 Punkten wurde er gesamtsieger an einem Nationalen Oldsmobile Treffen. Auch hier zeigt sich der Preiszerfall auch bei hochkarätigen US-Klassikern als Folge der Krise: Mecum Auctions aus Walworth WI erzielten nach mehreren Anläufen 2009 in Kissimmee FL "nur" noch $135'000 für diesen Klassiker mit damals gerade mal 70 Meilen auf dem Tacho seit der Vollrestaurierung. Im Januar 2012 soll er das nächste Mal versteigert werden. In Kissimmee. Ob das gut geht? (Mecum / Hemmings)
Die Bezeichnung Starfire verwendete Oldsmobile zeitweilig als Zusatz für die Baureihe Ninety-Eight, ähnlich wie zB "Dynamic 88", "Super 88" oder zuvor "Futuramic 98".