Informatives zur Modellgeschichte:
Die Geschichte des Mk VII kann eigentlich als die Geschichte des berühmten XK-Motors verstanden werden, der alle wichtigen Jaguar-Modelle bis zur Ablösung des XJ6 Serie III durch den lange erwarteten XJ40 antreiben sollte. Also insgesamt eine Aktivdienstzeit von 45 Jahren, was eindeutig zeigt, dass der XK-Motor als genialer Wurf seiner Zeit weit voraus war.
Der Motor sollte genügend Drehmoment in sämtlichen Drehzahlbereichen aufweisen, zugleich aber geschmeidig und leise im Betrieb sein. Gleichzeitig sollte derMotor leicht zu handhaben, zuverlässig und einfach zu warten sein. Sehr wichtig warfür den totalen Ästheten Lyons aber – hier bemerken wir die wahren Züge des Meisters–, dass der Motor sehr, sehr gut aussehen sollte. Der Motor sollte schon beim blossen Anblick seine innewohnende Kraft für den Betrachter sichtbar machen.
Zu jener Zeit waren Motoren mit zwei obenliegenden Nockenwellen ausschliesslich teuren Hochleistungsfahrzeugen in Kleinserien vorbehalten gewesen. Deren Eigner mussten sich bisher zugleich mit deren Unzuverlässigkeiten und hohen Unterhaltskosten abfinden. Schon deshalb war die Idee von Sir William Lyons, dem Gründer und Chairman von Jaguar, genial, mit einem solchen Produkt in die Grossproduktion einzusteigen.
Der Zylinderkopf war und ist heute noch ein besonderes Juwel. In Zusammenarbeit mit Harry Weslake entstanden, war er ganz aus hochlegiertem und möglichst leichtem Aluminium gefertigt und mit halbkugelförmigen Brennräumen versehen.
Grossflächige Ventile, in einem Neigungswinkel von 70 ° angeordnet, verschafften dem Triebwerk die notwendige Luft zum tief Durchatmen.
Der neue Mk VII überraschte auch deshalb, weil er ein eigentliches Meisterstück des Stylings jener Epoche darstellt. Einer Epoche wohlverstanden, die den industriellen Designer nirgends unterrichtete oder instruierte, weshalb auch die Designer jener Zeit durchwegs hochbegabte Autodidakten – wie William Lyons – waren, die von anderen Berufen her kamen. Das Design des Mk VII verkörperte die neueste Richtung, die sich vom herkömmlichen Kutschendesign weit weg entwickelt hatte. Sie hatte eine eindeutige Vorliebe für saubere, weit geschwungene und grosszügige Konturen.
Selbstverständlich wollte Lyons mit der Vorderfront an die drei Grossen (Rolls Royce, Bentley und Lagonda) erinnern, doch folgte die Gesamtlinie konsequent den beim XK 120 verwendeten Ideen.
Besonders deutlich wird dies sichtbar, wenn man einen XK 120 FHC neben einem Mk VII aufstellt. Es ist heute nicht zu belegen, ob der Mk VII-Saloon oder das Sportcoupé XK 120 FHC zuerst konzipiert waren.
Die lange Motorhaube hielt diesmal, was sie versprach. Die Front des Wagens ist formal eindrücklich und verwendet reichlich Chrom, um eine gewisse Würde und wertkonservative Haltung zu signalisieren. Interessant ist der Vergleich zu Zeitgenossen aus Detroit. Dort wirkt die Verwendung der gleichen Menge Chrom immer eine Spur vulgärer und weniger zeitlos. Der neue Jaguar Mk VII hatte die typische lange Motorhaube (diesmal mit genügend Pferden darunter), die imposante Vorderfront, die massiven verchromten Fensterrahmen und das in einer weit geschwungene, abfallende Heck. Da Jaguar natürlich sehr stark auf den lukrativen US Markt spekulierte passte man sich bei den -karosseriegleichen- Nachfolgemodellen MK VIII und MK IX sich dem amerikanischen Geschmack mit mehr Chrom aussen und noch aufwendiger Innenraumgestaltung an.
Der Kühlergrill, ein Prachtsstück aus erstklassig verchromtem Messing, war weit diskreter ausgestaltet als bei den Vorgängern, weil auf die massive Umrandung verzichtet wurde. Lyons verzichtete auch auf den springenden oder sitzenden Jaguar "Leaper" als Kühlerfigur, verwendete stattdessen einen stilisierten fauchenden Raubtierkopf „Growler“, der im ehemaligen Jaguar-Flügelemblem thronte.
Auch Seitenansicht des Mk VII war nicht minder eindrücklich. Mit seinen 499 cm Längeund 187 cm Breite wirkte der Wagen wesentlich länger, als er tatsächlich war. Möglicherweise war dieser optische Effekt auf die relativ niedrige Gesamthöhe von 158 cm zurückzuführen..„Niedrig“ ist hier heute wohl zu relativieren.
Das Interieur des Mk VII war eine Klasse für sich. Es galt als luxeriöser als bei allen je zuvor angebotenen S.S und Jaguar. Alle Sitze waren mit feinstem Vaumol-Leder bespannt. Sowohl an den Vorder- wie auch an den Hintertüren waren seitliche Ausstellfenster vorhanden, wobei die hinteren mit einem raffinierten Auslegermechanismus versehen waren. Auch die inneren Türöffner waren ungewöhnlich, weil sie ähnlich wie ein Pistolenabzug konstruiert und zu betätigen waren. Die hinteren Türen verfügten sogar über eine Kindersicherung. Die Fondpassagiere konnten sich über zwei Leselampen erfreuen. Der Mk VII bot den Rauchern drei kunstvoll im Holz eingelegte Aschenbecher an, was einigermassenerstaunlich ist, wenn man weiss, dass Lyons ein überzeugter Nichtraucher war.
Der Fahrzeugboden war mit teurem Wilton-Teppich ausgeschlagen. Der Dachhimmel war aus feinster Schurwolle geschneidert und nach bester Kutschenbau-Tradition mit Metallspannbügeln aufgehängt. Alle Mk VII waren standardmässig mit einem riesigen handbetätigten Stahlschiebedach ausgerüstet, dessen Umrandung im Interieur mit eleganten Mahagoni Leisten verziert war.
Die Seitenkanten des Dachhimmels trugen zur Betonung des Überganges zu den Fensterflächen von hinten bis vorn Holzleisten aus Mahagoni, die auf der flachen Seite mit Wallnuss-Wurzelholz furniert waren. Das Armaturenbrett war äusserst opulent in Walnuss-Wurzelholz furnierter Eiche gehalten, die Instrumente jaguartypisch in verschwenderischer Anzahl
1954 war auch das Jahr des Mk VIIM. Der neue Mk VIIM trug die Bezeichnung „M“ auf Grund des „M“-Triebwerkes, das er vom XK 120 übernahm. Er verfügte bei gleichem Block über die „schärferen“ Nockenwellen mit grösserem Hub. Die Leistung erhöhte sich von den (heute) eher bescheidenen 160 auf satte 190 PS bei 5500 rpm.
Die zahlreichen Modifikationen fanden sogar nach Einführung des Mk VIIM im Jahre 1955 einen intensiven Fortgang. In 1956, dem letzten vollen Jahr der Produktion der Mk VIIM, war auch die Borg Warner Automatik-Version für den englischen Markt erhältlich. Ebenfalls im Jahre 1956 gewann ein MK VII M die berühmte Rallye Monte Carlo
Es wird geschätzt, dass nur etwa 600 Exemplare des MK VII und MK VII M fahrbereit überlebten